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R Ü C K B L I C K

Erzählcafé
August 2007
"Heimat ist für mich, wo ich mich wohl fühle"

Ein Bericht von Tanja Kulig
über das Erzählcafé vom
29.08.2007 in der ev. Kirchengemeinde Rheydt

 

"Mein neues Leben in Mönchengladbach"
Erzählte Migrationsgeschichten
und Vorstellung der Interkulturellen Wissensbörse
mit Joanna Broniewski und Breshna Garanei

"Mensch, das war wirklich ein interessanter Nachmittag", lobte eine Besucherin am Ende des ersten Erzählcafés nach der Sommerpause, "ganz anders als sonst, aber toll!" Gemeinsam mit den anderen Gästen wünschte sie sich: Das muss wiederholt werden.

Sigrid Verleysdonk-Simons und ihr Team freuten sich sehr über dieses positive Feedback, zumal sie sich mit den "Erzählten Migrationsgeschichten" einem ganz neuen Thema gewidmet hatten. Neu war auch der Veranstaltungsort: das Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Rheydt an der Gracht. Es war aufgrund seiner zentralen Lage passend gewählt, denn im Rheydter Zentrum leben viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten. Vorbereitet wurde dieser Nachmittag in Zusammenarbeit mit Frau Joanna Broniewski vom SKM Rheydt, die Migrantinnen und Migranten berät und begleitet und die Interkulturelle Wissensbörse für Mönchengladbach ins Leben gerufen hat. Sie hatte auch den Kontakt zu Breshna Garanei hergestellt, der "Haupterzählerin" des Nachmittags, die von ihrer Flucht aus Afghanistan nach Pakistan und schließlich ihrem "neuen Leben in Mönchengladbach" berichtete.

Den Einstieg ins Thema machte jedoch nicht sie selbst, sondern Herr Heinz Flesser, den regelmäßige Besucher des Erzählcafés als Klavierspieler kennen. Erstmals begab er sich nicht nur an den Flügel, sondern auch an den Tisch der Erzähler, um über den historischen Hintergrund und die politische Entwicklung Afghanistans zu informieren. Seine Ausführungen, die er mit Landkarte und Fotos untermalte, bereiteten die Gäste optimal auf die nachfolgenden Erzählungen von Breshna Garanei vor.

Breshna Garanei flüchtete als Kind mit ihrer Familie von Afghanistan nach Pakistan, wo sie zehn Jahre lang ohne ihren Vater und oft in Angst vor überfällen lebte. Erst im Alter von 16 Jahren konnte sie dem Vater nach Deutschland folgen. In Pakistan hatte sie bereits Englisch gelernt, so dass sie sich in dieser Sprache verständigen konnte. Natürlich war der Besuch der Schule, in der sie zwei Stufen zurückgestuft wurde, anfangs trotzdem sehr schwer. Doch sie schloss die Hauptschule mit mittlerer Reife ab, machte an einer kaufmännischen Schule ihr Fachabitur und ließ sich zur Speditionskauffrau ausbilden. Heute ist sie verheiratet und Mutter eines Sohnes und einer Tochter. "Heimat ist für mich, wo ich mich wohl fühle", stellt sie fest und gemeinsam mit ihrem Mann, der vor vier Jahren von Afghanistan nach Deutschland kam, ist sie sich sicher: "Die Zukunft unserer Familie und unserer Kinder liegt in Deutschland". Dabei ist für sie wichtig, dass ihre Kinder die afghanische Kultur kennen lernen und so werden sie nicht nur zweisprachig erzogen, sondern auch mit den Traditionen des Geburtslandes der Mutter vertraut gemacht.

Dass sich die Kinder in den traditionellen Kleidungsstücken wohl fühlen, konnte man im Rahmen des Erzählcafés beobachten. Ihr eigenes traditionelles Festgewand hatte die Erzählerin zur Ansicht mitgebracht, ebenso wie festlichen Schmuck und ein Hochzeitsalbum. Auch geschmacklich wurden die Gäste auf Afghanistan eingestimmt: mit frisch aufgebrühtem grünem Tee sowie grünen Rosinen, getrockneten Kichererbsen und weiteren exotischen Knabbereien. So fiel es nicht schwer, miteinander über die unterschiedlichen Kulturen ins Gespräch zu kommen und die Gäste stellten Breshna Garanei und ihrem Mann viele Fragen. Einig waren sich die Erzählcafé-Besucher darüber, dass Menschen aller Nationalitäten den Kontakt zueinander suchen sollten und dabei viel voneinander lernen können.

Joanna Broniewski hegt die Hoffnung, mit der Interkulturellen Wissensbörse ein Stück weit dazu beitragen zu können. "Jeder Interessierte kann etwas anbieten oder ein Gesuch aufgeben. Unser Ziel ist, viele Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund miteinander in Kontakt zu bringen", erklärte sie. Derzeit ist die Börse noch im Aufbau und es werden Menschen gesucht, die bei der Organisation mitwirken wollen.

Letzter Programmpunkt des Erzählcafés im August war die Vorstellung der neuen Migrationsambulanz in den Rheinischen Kliniken Mönchengladbach. Hier wird von der türkischen ärztin Dr. A. ücer und der türkischen Pflegefachkraft G. öner eine psychiatrisch/psychotherapeutische Behandlung für türkischstämmige Migrantinnen und Migranten angeboten. "Diese Menschen sind bei psychischen Problemen nicht nur aufgrund ihrer Sprachprobleme in einer schwierigen Situation. Ihr kultureller Hintergrund ist für deutsche ärztinnen und ärzte kaum nachvollziehbar. Uns müssen die Patientinnen und Patienten diese Umstände nicht lange erklären, da wir sie kennen", erklärte Dr. ücer.

Es wird also einiges getan in Mönchengladbach, um zu einem guten Miteinander der Kulturen beizutragen. Dazu gehörte auch dieses erste Erzählcafé zum Thema "Erzählte Migrationsgeschichten". Ein weiteres wird voraussichtlich im Januar 2008 und dann mit einem Erzähler aus dem Irak stattfinden.

 

Erzählcafé 2007-08

Heinz Flesser, Joanna Broniewski
und Breshna Garanei (v.l.n.r.)


Erzählcafé 2007-08

Erzählcafé 2007-08

Erzählcafé 2007-08

Erzählcafé 2007-08

Erzählcafé 2007-08

Erzählcafé 2007-08

Der Eintritt in unsere Erzählcafés ist
grundsätzlich kostenlos.

Die musikalische Begleitung erfolgt i.d.R.durch unser
Mitglied Heinz Flesser.

 

 


Das
Mönchengladbacher Erzählcafé e.V.
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