"Mein neues Leben in Mönchengladbach" Erzählte Migrationsgeschichten und Vorstellung der Interkulturellen Wissensbörse mit
Joanna Broniewski und Breshna Garanei
"Mensch, das war wirklich ein interessanter Nachmittag",
lobte eine Besucherin am Ende des ersten Erzählcafés nach der Sommerpause,
"ganz anders als sonst, aber toll!" Gemeinsam mit den anderen Gästen wünschte
sie sich: Das muss wiederholt werden.
Sigrid Verleysdonk-Simons und ihr Team freuten sich sehr
über dieses positive Feedback, zumal sie sich mit den "Erzählten
Migrationsgeschichten" einem ganz neuen Thema gewidmet hatten. Neu war auch der
Veranstaltungsort: das Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Rheydt an
der Gracht. Es war aufgrund seiner zentralen Lage passend gewählt, denn im
Rheydter Zentrum leben viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten.
Vorbereitet wurde dieser Nachmittag in Zusammenarbeit mit Frau Joanna
Broniewski vom SKM Rheydt, die Migrantinnen und Migranten berät und begleitet
und die Interkulturelle Wissensbörse für Mönchengladbach ins Leben gerufen hat.
Sie hatte auch den Kontakt zu Breshna Garanei hergestellt, der "Haupterzählerin"
des Nachmittags, die von ihrer Flucht aus Afghanistan nach Pakistan und
schließlich ihrem "neuen Leben in Mönchengladbach" berichtete.
Den Einstieg ins Thema machte jedoch nicht sie selbst,
sondern Herr Heinz Flesser, den regelmäßige Besucher des Erzählcafés als
Klavierspieler kennen. Erstmals begab er sich nicht nur an den Flügel, sondern
auch an den Tisch der Erzähler, um über den historischen Hintergrund und die
politische Entwicklung Afghanistans zu informieren. Seine Ausführungen, die er
mit Landkarte und Fotos untermalte, bereiteten die Gäste optimal auf die
nachfolgenden Erzählungen von Breshna Garanei vor.
Breshna Garanei flüchtete als Kind mit ihrer Familie von
Afghanistan nach Pakistan, wo sie zehn Jahre lang ohne ihren Vater und oft in
Angst vor überfällen lebte. Erst im Alter von 16 Jahren konnte sie dem Vater
nach Deutschland folgen. In Pakistan hatte sie bereits Englisch gelernt, so
dass sie sich in dieser Sprache verständigen konnte. Natürlich war der Besuch
der Schule, in der sie zwei Stufen zurückgestuft wurde, anfangs trotzdem sehr
schwer. Doch sie schloss die Hauptschule mit mittlerer Reife ab, machte an
einer kaufmännischen Schule ihr Fachabitur und ließ sich zur Speditionskauffrau
ausbilden. Heute ist sie verheiratet und Mutter eines Sohnes und einer Tochter.
"Heimat ist für mich, wo ich mich wohl fühle", stellt sie fest und gemeinsam
mit ihrem Mann, der vor vier Jahren von Afghanistan nach Deutschland kam, ist
sie sich sicher: "Die Zukunft unserer Familie und unserer Kinder liegt in
Deutschland". Dabei ist für sie wichtig, dass ihre Kinder die afghanische
Kultur kennen lernen und so werden sie nicht nur zweisprachig erzogen, sondern
auch mit den Traditionen des Geburtslandes der Mutter vertraut gemacht.
Dass sich die Kinder in den traditionellen Kleidungsstücken
wohl fühlen, konnte man im Rahmen des Erzählcafés beobachten. Ihr eigenes
traditionelles Festgewand hatte die Erzählerin zur Ansicht mitgebracht, ebenso
wie festlichen Schmuck und ein Hochzeitsalbum. Auch geschmacklich wurden die
Gäste auf Afghanistan eingestimmt: mit frisch aufgebrühtem grünem Tee sowie
grünen Rosinen, getrockneten Kichererbsen und weiteren exotischen Knabbereien.
So fiel es nicht schwer, miteinander über die unterschiedlichen Kulturen ins
Gespräch zu kommen und die Gäste stellten Breshna Garanei und ihrem Mann viele
Fragen. Einig waren sich die Erzählcafé-Besucher darüber, dass Menschen aller
Nationalitäten den Kontakt zueinander suchen sollten und dabei viel voneinander
lernen können.
Joanna Broniewski hegt die Hoffnung, mit der
Interkulturellen Wissensbörse ein Stück weit dazu beitragen zu können. "Jeder
Interessierte kann etwas anbieten oder ein Gesuch aufgeben. Unser Ziel ist,
viele Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund miteinander in
Kontakt zu bringen", erklärte sie. Derzeit ist die Börse noch im Aufbau und es
werden Menschen gesucht, die bei der Organisation mitwirken wollen.
Letzter Programmpunkt des Erzählcafés im August war die
Vorstellung der neuen Migrationsambulanz in den Rheinischen Kliniken
Mönchengladbach. Hier wird von der türkischen ärztin Dr. A. ücer und der
türkischen Pflegefachkraft G. öner eine psychiatrisch/psychotherapeutische
Behandlung für türkischstämmige Migrantinnen und Migranten angeboten. "Diese
Menschen sind bei psychischen Problemen nicht nur aufgrund ihrer Sprachprobleme
in einer schwierigen Situation. Ihr kultureller Hintergrund ist für deutsche
ärztinnen und ärzte kaum nachvollziehbar. Uns müssen die Patientinnen und
Patienten diese Umstände nicht lange erklären, da wir sie kennen", erklärte Dr.
ücer.
Es wird also einiges getan in Mönchengladbach, um zu einem
guten Miteinander der Kulturen beizutragen. Dazu gehörte auch dieses erste
Erzählcafé zum Thema "Erzählte Migrationsgeschichten". Ein weiteres wird
voraussichtlich im Januar 2008 und dann mit einem Erzähler aus dem Irak
stattfinden.
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Heinz Flesser, Joanna Broniewski und Breshna Garanei (v.l.n.r.)






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