Bewahren und Neues wagen
Zehn
Jahre Mönchengladbacher Erzählcafé - das sind 100 Einladungen in
verschiedene Altenzentren der Stadt Mönchengladbach, das sind 100
verschiedene Themen, die zum Austausch anregten, das sind ungezählte
Gäste, die - wenn nicht während des Erzählcafés selbst, dann sicherlich
im Nachhinein - mit Bekannten, Freunden oder Angehörigen ins Gespräch
kamen. "Erinnerungsräume entstehen, die Zeiten wieder lebendig werden
lassen, die uns etwas bedeutet haben, die uns verändert haben, die uns
betroffen gemacht haben", erklärt Vereinsvorsitzende Sigrid
Verleysdonk-Simons eine wichtige Wirkung ihrer Arbeit im Erzählcafé und
resümiert: "In zehn Jahren sind wir routinierter und mutiger geworden,
ist ein stetig wachsendes Netzwerk entstanden, in dessen Rahmen wir
vertrauensvoll und verlässlich mit vielen Partnern zusammenarbeiten."

Sigrid Verleysdonk-Simons, die Vorsitzende des Mönchengladbacher Erzählcafés, eröffnete die Jubiläumsveranstaltung
Zurück zu Routine und Neubeginn
Bei
ihnen - den Altenzentren, Erzählern, Förderern und langjährigen Gästen
- bedankte sich das Erzählcafé-Team nun mit einer Jubiläumsfeier. Das
facettenreiche Programm spiegelte die wichtigsten Themen der
zehnjährigen Vereinsgeschichte wieder und animierte dabei ein weiteres
Mal zum regen Austausch. Dass die Macher hierfür nicht in ein
Mönchengladbacher Altenzentrum, sondern den "Senatssaal" der Hochschule
Niederrhein einluden, lag mitnichten am Altersdurchschnitt des
Hochschulpersonals. Vielmehr gingen die Verantwortlichen damit an die
Geburtsstätte des Vereins zurück, deren Impulsgeber Professor Dr.
Engelbert Kerkhoff hieß. Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit am Fachbereich
Sozialwesen und als Leiter des angegliederten Forschungsschwerpunkts
gab er vor zehn Jahren den Studentinnen Sigrid Simons und Elke Schreur
den Auftrag, das damals noch innovative Konzept des Erzählcafés in
Mönchengladbach umzusetzen. Begeistert von der Idee gründeten sie mit
weiteren fünf Mitgliedern den Verein, dem Sigrid Verleysdonk-Simons
heute vorsitzt.
In seinem Festvortrag beleuchtete Professor Dr. Engelbert Kerkhoff
verschiedene Aspekte des Erzählcafé-Konzeptes unter Berücksichtigung
seiner Entwicklung im Laufe der Zeit. Bis heute geltende Erzählmotive
wie Selbständigkeit und Eigenverantwortung thematisierte er ebenso wie
die wichtige Erkenntnis, dass Entwicklungsprozesse eines Menschen im
Alter nicht aufhören, sondern sich vielmehr bis zum Lebensende
fortsetzen. Nicht umsonst trage auch der Forschungsschwerpunkt den
Namen "Kompetenz im Alter zwischen Routine und Neubeginn".

Prof.
Dr. Engelbert Kerkhoff, Leiter des Forschungsschwerpunktes "Kompetenz
im Alter zwischen Routine und Neubeginn" und Initiator des Erzählcafes
Erfolgsrezept Musik
Eine
wunderbare Methode, Menschen für ein gemeinsames Thema zu begeistern
und zum Austausch anzuregen ist Musik. Sie gehört seit der ersten
Stunde zu den Erfolgsrezepten des Mönchengladbacher Erzählcafés.
Mehrfach spielte Musik die erste Geige als eigenes Thema. Dann hießen
die Akteure meist Linda Godry (Gesang) und Heinz Reichel (Klavier), die
mit Wiener Schwung, Broadway Swing oder alten Filmschlagern
Begeisterung bei ihren Zuhörern oder Mitsängern auslösten. Ansonsten
waren musikalische Beiträge am Klavier mindestens in einer Nebenrolle
präsent: beim Eintreffen der Gäste, zur Begleitung der Kaffee- und
Kuchenpause oder als eigener Programmpunkt, um ein Thema zu
unterstreichen. Dann waren es unter anderem Johannes Kempkes und Heinz
Flesser, die mit ihrem Spiel unterschiedlichste Reaktionen im Publikum
hervorriefen - vom entspannten Zurücklehnen mit geschlossenen Augen bis
zum begeisterten Schunkeln und Klatschen. Keine Frage, dass die Musiker
auch der Jubiläumsfeier mit unterschiedlichen musikalischen Beiträgen
eine besondere Note verliehen.
Linda Godry (Gesang) begleitet von Heinz
Reichel

Heinz Flesser (Flügel)

Johannes Kempkes (Keyboard)
Mundart, Brauchtum und Stadtgeschichte
"Bewahren
und Neues wagen" wählte Sigrid Verleysdonk-Simons als überschrift für
ihren Beitrag in der Jubiläumsfestschrift, in dem sie die Entwicklung
des Mönchengladbacher Erzählcafés von 1997 bis 2007 beleuchtet.
"Bewahren und Neues wagen" bezieht sich einerseits auf die allgemeine
Konzeption und Gestaltung der Erzählcafés wie auch auf ihre konkreten
Themen. Ein besonderes Anliegen war von Beginn an das Bewahren der
Mundart. "Dat woar wi vröher. Dat woar wi te Heem!", hört man
regelmäßig nach Erzählcafés mit diesem Themenschwerpunkt. "Mundart ist
ein Stück Heimat. Mundart ist der Ausdruck von Menschen, denen man von
Kindheit an begegnet ist", bringt es Rudolf Schreur von der
Mundart-Autorengruppe "de Vröngde" auf den Punkt. Bei Erzählcafés unter
seiner Mitwirkung sind stets alle Plätze besetzt, vielleicht auch
deshalb, weil viel gelacht wird an diesen Nachmittagen. So auch im
Senatssaal der Hochschule. Diejenigen, die den Mundart-Geschichten von
Rudolf Schreur inhaltlich nicht folgen konnten, spürten jedoch umso
deutlicher die Begeisterung der "Kundigen" und freuten sich mit ihnen
über ihren Spaß an den Beiträgen.
Bewahrung von Tradition und ein besonderes
Zusammengehörigkeitsgefühl verbindet sich darüber hinaus mit den Themen
"Brauchtum" und "Mönchengladbacher Stadtgeschichte". Sie können bei
Zeitzeugen Bilder aus vergangenen Zeiten und damit verknüpfte Gefühle
wieder aufleben lassen und finden auch bei jüngeren Zuhörern großen
Zuspruch. Einer der Experten für den Lauf der Zeit in Mönchengladbach
ist Dr. Wolfgang Löhr, der viele Jahre das Stadtarchiv leitete und für
seine freie und sehr lebhafte Vortragsweise bekannt ist. Ob Mittelalter
oder Franzosenzeit, er kreiert mit Worten die entsprechende Kulisse, so
dass seine Episoden auch für geschichtlich weniger bewanderte Zuhörer
spannend und unterhaltsam sind.

Rudolf Schreur

Dr. Wolfgang Löhr
Neue Plattform für noch mehr "Weiter so!“
So
haben langjährige Besucher sicherlich ihre persönlichen
Themen-Highlights, die sie nicht verpassen wollen. Sie sind künftig
nicht mehr auf schriftliche Informationen angewiesen. Denn zum Bereich
"Neues wagen" gehört auch die erste eigene Homepage, die ihr kreativer
Kopf Albert Verleysdonk über einen Beamer großformatig präsentierte.
Unter www.erzaehlcafe.de finden Interessierte fortan nicht nur das
aktuelle Programm, sondern viele weitere Informationen zum Verein,
seinen Motiven, Zielen und Wünschen.
Apropos Wünsche: Der Einladung zur Jubiläumsveranstaltung lag ein
Antwortbogen bei, auf dem die Gäste ihre Wünsche für die Zukunft
vermerken konnten: Neben exotischen Senioren, Abenteurern, Musikern,
Dichtern, Sängern, die aus ihrem Leben erzählen, wünschten sie sich
weiterhin Geschichten aus der Heimat und aktuelle Themen. "Ich hoffe,
Sie finden es nicht überheblich, wenn ich daraus deutlich vernehme:
Weiter so!", freute sich Sigrid Verleysdonk-Simons, "Eine bessere
Rückmeldung hätte es für uns nicht geben können."

Die Gäste erlebten eine interessante und kurzweilige Jubiläumsfeier ...

... und auch das Team des Mönchengladbacher Erzählcafés war sichtlich zufrieden mit einer gelungenen Veranstaltung.
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